Kamerawissen – Fotografie / Film / Video

Egal, ob wir fotografieren oder filmen, ob analog oder digital, ob mit winzigen Automatikwundern oder mit komplizierten Profi-Geräten – die Eigenschaften des Lichtes und die Gesetze der Optik diktieren uns die Bedingungen. Eine grundlegende Vorstellung von den physikalischen und technologischen Zusammenhängen ist für den bewussten Umgang mit "lichtmalenden" Medien ein Muss.
Hinzu kommen Charakteristika des jeweiligen Aufnahmegerätes sowie medienspezifische Besonderheiten, deren Kenntnisse bei der gezielten Umsetzung gestalterischer Intensionen hilfreich sind.

In diesem Abschnitt geht es um die Handhabung von Kameras – egal ob Foto-/Film- oder Videokameras.
Bewegtbild-spezifische Aspekte werden im Kapitel "Video" behandelt.

 

Was passiert bei Foto-/Film-/Videoaufnahmen und welche Faktoren wirken mit?

Ein Überblick:

Gebündeltes Licht …

Objektiv mit

fester Brennweite
z. B. Weitwinkel = 20mm
z. B. Normal = ca. 50mm
z. B. Tele = 300mm
 
 
variabler Brennweite
z. B. Weitwinkel-Zoom-O. = 20-45mm
z. B. Allround-Zoom-O. = 28-120mm
z. B. Tele-Zoom-O. = 65-300mm
 
Fokus
z. B. 1,50 m
z. B. unendlich

… trifft unter
gesteuerten Bedingungen

Blende
z. B. 1.4 = kleine Zahlen = große Öffnung –> geringe Schärfentiefe
z. B. 8 "Sonne lacht, Blende Acht"
z. B. 16 = große Zahlen = kleine Öffnung –> großer Schärfentiefenbereich
 
Belichtungszeit
z. B. 1/300 sek = bewegtes Motiv
z. B. 1/125 sek = Standardmotiv
z. B. > 1/60 sek = Freihand zu halten
z. B. < 1/60 sek = Verwacklungsgefahr –> abstützen oder Stativ verwenden

… auf eine lichtempfindliche

Film-/ Sensor-
empfindlichkeit
z. B. Tageslicht ISO 200
z. B. Morgen-/Abendstimmung ISO 400
z. B. Innenraum+Kunstlicht ISO 800

… Fläche auf.

Film-Negativ-Größe
z. B. Kleinbild 35x24mm
z. B. Mittelformat 90x60mm
 
Sensorgröße
z. B. Kompaktkamera = 6x5mm
z. B. Four-Thirds-DSLR = 17x13mm
z. B. DX-DSLR = 24x16mm
z. B. Vollformat-DSLR = 36x24mm

Das dabei entstehende
Abbild wird "konserviert".

Film
z. B. Kleinbildfilm = 36 Aufnahmen
z. B. Mittelformat-Rollfilm = 8 Aufnahmen
 
digitaler Speicher
z. B. SD, SDHC, CompactFlash, MMC

Schauen wir uns nun die einzelnen Kamerabestandteile und Funktionen genauer an.

Das Herzstück jeder Kamera ist das

Der Abbildungsmaßstab wird festgelegt durch die

Ähnlich wie das menschliche Auge kann auch ein Objektiv nicht von nächster Nähe bis in große Entfernung durchgängig scharf abbilden. Die Ausrichtung der Linsenpositionen auf die gewünschte Schärfenebene übernimmt der

Der Lichtbedarf und die auftreffende Lichtmenge werden gesteuert durch ein Zusammenspiel folgender Parameter:

Eine der wichtigsten Eigenschaften eines Objektivs ist die Lichtmenge, die es bis zur lichtempfindlichen Aufnahmefläche (Film oder Chip) "durchlässt". Dabei spielen die Größe der Blendenöffnung und die Brennweite ebenso eine Rolle wie die Anzahl der zu durchdringenden Hindernisse (Linsen). Prinzipiell haben also Objektive mit festen Brennweiten aufgrund der einfachen Bauweise (wenige Linsen) bessere Licht-Eigenschaften als Zoom-Objektive, die ein kompliziertes System aus vielen Linsen bilden. Auch sieht man Kompaktkameras mit winzigen Objektivöffnungen an, dass sie schlechtere Lichteigenschaften haben müssen, als die großen "Augen" der Profi-Objektive.
Der kleinste Blendenwert oder die Anfangsblende gibt Aufschluss über die

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Das fotografische/filmische Abbild in der Kamera ist die Grundlage für verschiedene Vergößerungsformen, z. B. Papierabzug, Ansicht am Computerbildschirm. Es ist leicht einsehbar, dass die Qualität dieser vergrößerten Ansichten erheblich von der

Die Abläufe zum

Selektive Schärfe

Für manche Aufnahmen ( z. B. Landschaften) wünscht man sich eine durchgehende, knackige Schärfe; andere Aufnahmen ( z. B. Porträts) leben von geringer Schärfentiefe, die den wichtigsten Bildteil ( z. B. beim Porträt die Augen) erst richtig zur Geltung bringt.

Den Spielraum zum bewussten Einsatz von Schärfen und Unschärfen ermöglichen nur lichtstarke Objektive (s. o. "Lichtstärke") in Kombination mit eher langen Brennweiten und kurzen Distanzen zum Motiv.

Dieses Porträt (Blendenöffnung 1.8) führt die Wahrnehmung des Betrachters hin zu den wenigen scharfen Bereichen der Darstellung: den Bereich um die Augen. Bereits Stirn und Ohren, vor allem aber der Hintergrund gehen in Unschärfe über und verhindern die Ablenkung vom Wesentlichen. Dieses Vorgehen wird auch "Freistellen vom Hintergrund" genannt und ist ein wichtiges Gestaltungsmittel bei Detail- und Porträtaufnahmen. Die zweite Aufnahme (Mouse-Over) mit der Blendenöffnung 16 zeigt einen großen Schärfenbereich und damit reichlich Details – im Porträt-Kontext ablenkend und eher unerwünscht.

Bildwechsel bei Mouse-Over

Ran-Gehen oder Ran-Zoomen?

Die erstaunlichen Zoom-Möglichkeiten neuerer Objektive erleichtern dem Fotografen, vor allem dem auf Distanz bedachten (Tier-Fotograf, Kriegsberichterstatter, …), die Arbeit ungemein. Man kann ganz unterschiedliche Bildausschnitte allein durch Brennweiten-Veränderungen erzielen, ohne dazu den Standort zu wechseln. Aber erreicht man damit tatsächlich das Gleiche, wie mit der alten Fotografen-Tugend "Immer ran ans Geschehen". Hier ein Vergleich:

A
Veränderung des Kamerastandorts ("Kamerafahrt") bei gleichbleibender Brennweite Bsp.: Distanz Kamera-Figur = 70cm, 58cm, 46cm, 34cm, 22cm

Beachten Sie bitte die Verschiebung der Hintergrundstreifen in Relation zur Figur. Diese Bildfolge entstand durch Veränderung des Kamerastandorts in Richtung der Figur und entspricht unserer Erfahrung bei Distanzveränderungen – unterschiedlich entfernte Objekte verschieben sich zueinander (Bewegungsparallaxe).

Animation bei Mouse-Over

B
Veränderung der Brennweite ("Zoom") bei gleichbleibendem Kamerastandort Bsp.: Brennweitenschritte = 27mm, 36mm, 45mm, 52mm, 75mm

Im Unterschied zum vorherigen Beispiel wirken hier die Streifen hinter der Figur wie fixiert – es entsteht nicht der Eindruck einer Annäherung durch den Raum, sondern einer Bildmanipulation (Ausschnittvergrößerung).
Hinweis: dass das zweite Beispiel dennoch keine rein digitale Vergrößerungsreihe ist, sehen Sie an der veränderlichen Hintergrund-Schärfe. Mit größerer Brennweite und Nähe zum Objekt nimmt die Schärfentiefe ab (siehe Absatz "Selektive Schärfe").

Animation beim Mouse-Over

Besondere Relevanz hat der Unterschied zwischen Brennweiten- und Standortveränderung im Bewegtbild, wenn der Vorgang sichtbar gemacht wird – eine Fahrt wirkt mit ihren parallaktischen Verschiebungen wie eine natürliche Distanzveränderung; ein Zoom hingegen wirkt eher unwirklich oder technisch.

Ein interessanter Spezialfall ist die Kombination von Kamerafahrt und Zoom in gegenläufiger Richtung. Dieses Mittel wurde erstmals von Alfred Hitchcock im Film Vertigo (1958) eingesetzt und wird deshalb heute als "Vertigo-Effekt" bezeichnet. Bei gleichbleibender Objektgröße verschiebt sich die Relation des Objektes zur Umgebung. Diese für unsere Sehgewohnheiten verstörende Darstellung wird gern für Verwirrungs- oder Rauschzustände eingesetzt (bei A. H. für den Schwindel bei Höhenangst)

C
Bsp.: "Vertigo-Effekt" = Fahrt und Zoom gegenläufig

Animation bei Mouse-Over

Weniger prägnant als im sichtbaren Vorgang der Veränderung bei Fahrt oder Zoom, dennoch nicht zu vernachlässigen: auch im statischen Einsatz gibt es einige grundlegende Aspekte in der Wahl der Brennweite zu beachten.

Für Porträts bzw. sonstige Detailaufnahmen eignen sich Brennweiten ab 50mm aufwärts, weil diese unserer natürlicher Wahrnehmung entsprechen. Im Beispiel rechts sehen wir eine Aufnahme mit 130mm Brennweite – eine besonders geeignete Porträt-Brennweite, die neben der verzerrungsfreien Abbildung eine größere Distanz zum Motiv und damit eine optimierte Aufnahmesituation ermöglicht.

Nur Ihren Feinden sollten Sie ein Weitwinkelporträt aus der Nähe zumuten, wie es das Beispiel beim Mouse-Over zeigt (27mm): Knollnase, Eierkopf – die Proportionen des Gesichtes werden verzerrt wie beim Blick in eine Weihnachtsbaumkugel.

Porträt mit Brennweite 130mm und 27mm
Bildwechsel bei Mouse-Over

Das nächste Beispiel zeigt die beschriebenen Brennweiten-Eigenschaften an einem geometrischen Körper: die Aufnahme mit 130mm zeigt nahezu parallele Linien in der Senkrechten – Voraussetzung für eine solche Darstellung ist ein genügend großer Abstand zum Objekt (die Scharfstellgrenze liegt bei langen Brennweiten deutlich weiter entfernt als bei kurzen). Die 27mm-Abbildung ist aus einem geringen Abstand zum Gegenstand möglich, weist jedoch deutliche Verzerrungen auf, die über das gewohnte perspektivische Sehen hinausgehen. Übersetzt auf die Abbildung von größeren Objekten, zum Beispiel Häuserfronten, bedeutet das: da wir in den seltensten Fällen eine Häuserfassade mit großem Abstand abbilden können, müssen wir entweder bewusst mit der Verzerrung arbeiten oder sie nachträglich duch digitales Entzerren abmildern.

Bsp.: Würfel mit Brennweite 130mm und 27mm
Bildwechsel bei Mouse-Over